Trauer geht durch den Magen
Im letzten Blog-Artikel haben wir uns mit der Frage beschäftigt, wie uns Rituale in der Trauer helfen können. Sie geben uns Struktur und spielen eine zentrale Rolle, wenn es zur Be- und Verarbeitung des Schmerzes kommt. Darüber hinaus bieten sie uns die Möglichkeit, der Verstorbenen zu gedenken und uns mit anderen Menschen zu verbinden. Dabei sind Essen und gemeinsame Mahlzeiten in vielen Kulturen ein wichtiger Bestandteil von Trauerritualen.
Essen als kommunikatives und verbindendes Element: Diese Idee steckt auch in „Eat.Cry.Repeat. – Trauer geht durch den Magen“, dem Motto der Trauerwoche 2024. Mit der Aktionswoche wollen wir Menschen zusammenbringen, um gemeinsam zu frühstücken, zu dinieren, Erinnerungsgerichte zu kochen und Lieblingsgetränke zu verkosten – und zu trauern. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf verschiedene Trauerrituale im Zusammenhang mit Essen. Diese Rituale machen deutlich, wie universell und doch vielfältig der Umgang mit Trauer sein kann. Sie zeigen aber auch, wie Rituale den Trauerprozess unterstützen: Denn sie spenden Trost, fördern die Gemeinschaft und helfen, die Erinnerung an die Verstorbenen zu bewahren.
1. Das Totenmahl in Deutschland
In Deutschland ist das Totenmahl, auch Leichenschmaus genannt, eine weit verbreitete Tradition. Nach der Beisetzung versammeln sich Familie und Freund:innen zu einem gemeinsamen Essen. Dieses Ritual bietet die Möglichkeit, Erinnerungen an die verstorbene Person auszutauschen und Trost in der Gemeinschaft zu finden. Typische Speisen können regionale Spezialitäten oder die Lieblingsgerichte der Verstorbenen sein.
2. Shiva in der jüdischen Tradition
Im Judentum ist die Shiva eine siebentägige Trauerperiode, in der die Familien der Verstorbenen zu Hause bleiben und von der Gemeinschaft unterstützt werden. Freund:innen und Verwandte bringen Essen mit, um die Trauernden zu versorgen, da sie in dieser Zeit nicht kochen sollen. Typische Speisen sind einfache, leicht verdauliche Gerichte wie Brot, Eier und Fisch.
3. Der mexikanische Día de los Muertos
Der Día de los Muertos (Tag der Toten) ist ein farbenfrohes Fest in Mexiko, das die Seelen der Verstorbenen ehrt. Familien bereiten Altäre mit Fotos, Kerzen und den Lieblingsspeisen der Verstorbenen vor. Traditionelle Gerichte wie Pan de Muerto (Totenbrot) und Zucker-Schädel sind zentrale Elemente dieses Festes. Das gemeinsame Essen symbolisiert die Verbindung zwischen den Lebenden und den Toten.
4. Das buddhistische Otsukimi in Japan
In Japan wird das Otsukimi-Fest gefeiert, um der Verstorbenen zu gedenken. Während dieses Festes werden spezielle Speisen wie Tsukimi-Dango (Reiskuchen) und saisonale Früchte gereicht. Die Familien versammeln sich, um gemeinsam zu essen und Geschichten über die Verstorbenen zu teilen. Dieses Ritual hilft, die Erinnerung an die Verstorbenen am Leben zu halten und den Trauerprozess zu erleichtern.
5. Das irische Wake
In Irland ist das Wake eine traditionelle Totenwache, bei der Familie und Freund:innen zusammenkommen, um die Verstorbenen zu ehren. Es wird oft zu Hause abgehalten und kann mehrere Tage dauern. Essen und Trinken spielen auch hier eine zentrale Rolle, denn häufig werden traditionelle irische Gerichte wie Eintopf und Soda-Brot serviert. Das Wake bietet die Möglichkeit, Geschichten und Erinnerungen auszutauschen und so gemeinsam zu trauern.
Die Trauerwoche bringt Trauernde für ein zeitgemäßes Gedenken rund um Allerheiligen (28. Oktober-3. November 2024) zusammen. 2023 fanden über 30 Events in ganz Deutschland statt (vor Ort und online). Ob gemeinsam kochen, backen oder essen – von Comfort Food über das Lieblingsrezept der Verstorbenen bis hin zu Omas Kochbuch aus den 50ern – Essen verbindet. Auch in der Trauer!
Eine Übersicht aller Events ist hier zu finden: https://trauertaskforce.de/trauerwoche-events/
Illustrationen: Mina Braun